Erdbebensicheres Bauen in Peru: neue Wege mit traditionellen Mitteln

Durch Erdbeben zerstörte Straße in Peru
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Die Westküste Südamerikas gehört zu den erdbebengefährdetsten Regionen dieser Erde, denn der pazifisch kontinentale Rand ist tektonisch besonders aktiv. Hier schiebt sich die Nazca-Platte unter die Südamerikanische Platte, wodurch es immer wieder zu teilweise schweren Erderschütterungen kommt. Zu den besonders davon betroffenen Ländern gehört Peru.

Traditionelle Bauweise wird bei Erdbeben zur Gefahr

In Peru führten Erdbeben in der Vergangenheit immer wieder zu Toten, Verletzten und massiven Schäden. 2001 beispielsweise kam es in Süd-Peru zu einem besonders schweren Beben der Stärke 8.0 auf der Richter-Skala. Betroffen war dabei insbesondere Arequipa, Perus zweitgrößte Stadt. Neben dem Verlust von hunderten Menschenleben, hatte das Beben auch verheerende Auswirkungen auf Gebäude und Infrastruktur der Stadt. Mehrere tausend Wohngebäude wurden zerstört und die Versorgung mit Wasser und Strom stark beeinträchtigt. Beschädigte Gebäude und mit Schutt bedeckte Straßen erschwerten die Hilfs- und Rettungsmaßnahmen. Viele der schlimmen Auswirkungen des Bebens ließen sich auf die örtliche Bauweise zurückführen. Etwa 40% der Bevölkerung Perus lebt Statistiken zufolge in traditionell errichteten Bauten. Den Lehmziegelgebäuden fehlen stabilisierende Elemente und sie sind oft ungünstig konstruiert. Materialfehler und riskante Standorte verschlimmern die Gefahr von Einstürzen. Deshalb begann man in der Folge die Probleme zu analysieren und nach alternativen Bauweisen zu suchen. Sie sollten den lokal verwendeten Materialien und Möglichkeiten entsprechen, gleichzeitig aber ein gutes Maß an Erdbebensicherheit bieten.

Standort-, Konstruktions- und Materialfehler führen zu Schäden und Einstürzen

Die in Peru üblichen Lehmziegelgebäude werden mit luftgetrockneten Ziegeln aus Lehm, Sand und Ton errichtet. Das Problem: den Gebäuden fehlen Elemente zur Stabilisierung, wie beispielsweise ein Fundament oder Balken. Sie haben oft zu große Fenster und Türen und eine für ihre Höhe unzureichende Wandstärke. An den Ecken mangelt es an einer stabilen Verbindung zwischen den Wänden. Hinzu kommt die ungünstige Lage an Ab- oder Steilhängen. Erdrutsche, Steinschläge, und Erschütterungen führen bei einem Erdbeben schnell zum Einsturz der Häuser.

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Auch das verwendete Material trägt zur Problematik bei. Untersuchungen der vorherrschenden Bauweise haben ergeben, dass Erschütterungen, wie sie bei Erdbeben auftreten, zunächst Risse in den Mauern entstehen lassen, die das Gebäude dann instabil machen. Für die Entstehung der Risse spielt die Herstellung der Ziegel eine entscheidende Rolle. Herstellungsfehler, wie ein falsches Mischverhältnis oder die schnelle Trocknung der Ziegel in direkter Sonne, verformen die Ziegel und lassen sie brüchig werden. Das Material ist außerdem nicht sehr feuchtigkeitsresistent und die Konstruktion wird bei starken Regenfällen leicht unterspült und instabil.

Veränderung und Tradition sollen kein Widerspruch sein

Trotz der Gefahr werden die Lehmziegel in Peru gern verwendet, da sie sehr günstig sind und gute thermische Eigenschaften besitzen. Damit alternative Bauweisen von der Bevölkerung angenommen werden, wurde deshalb gezielt versucht, die traditionelle Bauweise möglichst beizubehalten und lediglich durch effektive Anpassungen zu ergänzen und zu verbessern. Verschiedene öffentliche und staatliche Forschungs- und Hilfsorganisationen haben entsprechende Verbesserungsvorschläge erarbeitet und wollen nun die verbesserte Bauweise in der Bevölkerung etablieren. Broschüren, Veranstaltungen und beispielhaft errichtete Gebäude, die bei Erdbeben auch als Zuflucht dienen, sollen dabei helfen.

Auch einfache Maßnahmen können helfen

Um eine bessere Einsturzprävention zu gewährleisten, gibt es in Peru mittlerweile Empfehlungen für eine angepasste Bauweise. Sie beginnen bereits bei der Standortwahl. Ein ebener Standort, möglichst ohne Neigung und mit ausreichend Abstand zu Steilhängen oder Abhängen, sorgt für mehr Stabilität und verhindert Schäden durch Erdrutsche und Steinschläge. Um Unterspülung zu vermeiden, wird außerdem zum Anlegen von Kanälen rund um das Haus geraten.

Für die Konstruktion werden stabilisierende Elemente empfohlen. Mindestens unter den Außenmauern soll sich ein gegossenes Fundament befinden und an den Ecken sollen verstärkende Stahldrahtgitter verarbeitet werden. Ein gegossener Ringanker verhilft der gesamten Mauerkonstruktion zu mehr Stabilität.

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Auch hinsichtlich des Materials versucht man durch kleine Anpassungen die Erdbebensicherheit zu verbessern. Für die Herstellung der Ziegel wird jetzt ein spezifisches Mischverhältnis und Vorgehen empfohlen. Demnach sind die Ziegel bei einem Verhältnis von 55 – 70 % Sand, 15 – 25 % Lehm und 10 – 20 % Ton am stabilsten. Durch Beimischung von Feigenkaktusbestandteilen können die Ziegel außerdem feuchtigkeitsresistenter gemacht werden. Die Ziegel sollen vier mal so lang wie hoch sein und an einem schattigen Platz oder mit Stroh bedeckt getrocknet werden. Die Qualität der fertigen Ziegel soll geprüft werden. Um eine festere Konstruktion zu gewährleisten, wird das Mauerwerk mit einem Gemisch aus Ton und Stroh verbunden und verputzt.

Die richtige Bauweise kann Leben retten – in Peru und auch bei uns

Die traditionelle peruanische Bauweise, egal ob mit Verbesserungen oder ohne, unterscheidet sich deutlich von den bei uns üblichen Arten zu bauen. Stabilisierende Elemente und belastbare Baustoffe sind für uns eine Selbstverständlichkeit. An Bauplätze, Konstruktionen und Material werden deutlich höhere Anforderungen gestellt, die zudem strengen Vorschriften und Kontrollen unterliegen, wie man auch auf diversen Fachseiten (z.B. wohnen-und-bauen.de) nachlesen kann. Auch für die Erdbebensicherheit gibt es dabei festgelegte Normen – und das obwohl das Erdbebenrisiko vergleichsweise gering ist.

So oder so, erdbebensicheres Bauen kann im Notfall der entscheidende Faktor sein. Das gilt in Peru und auch bei uns.